Mittwoch, 22. Dezember 1999

Baseball ist (keine) Zauberei

Die TuSLi Wizards bestreiten ihr Wintertraining in der Halle

Von Felix Birbaumer

Lichterfelde - Ein bisschen grenzt es schon an Zauberei, dass die «TuSLi Wizards» es immer wieder geschafft haben, ihren Sport Baseball, den amerikanischen Nationalsport Nummer eins, überhaupt unter Vereins-Bedingungen ausüben zu können. Viel Idealismus war nötig, um einen von insgesamt nur 13 Baseball-Vereinen in Berlin aufzubauen.

Die Geschichte der «Zauberer» begann vor zehn Jahren im Stadtpark Lankwitz. Dort trafen sich einige Jugendliche um den damals 17-jährigen Michael Bode, der von einem dreimonatigen USA-Aufenthalt einen Baseball-Handschuh, einen Schläger sowie Regelkenntnis und Begeisterung für das Spiel mitgebracht hatte. Schnell fanden sich so viele Interessierte, die mitspielen wollten, dass die Kapazität der Stadtpark-Wiesen bald erschöpft war.

Es musste also ein Verein gesucht werden, dem man sich anschließen konnte, um Platzzeiten zu erhalten. Fündig wurde die Gruppe gegenüber des Parks, beim BFC Preussen Berlin. Im Oktober 1989 wurden die Wizards als BFC-Abteilung gegründet.

Der zweite Schritt auf dem Weg nach oben folgte im nächsten Jahr: «Mr. T» übernahm das Training. Ein Spieler sprach den in der Wohnung nebenan lebenden Drill-Sergeant Tucker an, ob er nicht Lust hätte, ein paar Deutschen eine Baseball-Ausbildung angedeihen zu lassen. Mr. T, wie er sich von seinen neuen Schützlingen ansprechen ließ, hatte Lust.

Auf dem Schotterplatz an der Goethestraße brachte er die Wizards vom Leistungsstand von fünfjährigen Anfängern in eineinhalb Jahren auf das Level von Fünfzehnjährigen. Der Aufstieg in die 2. Bundesliga war 1991 der Lohn für die Arbeit des unvergessenen Geburtshelfers Mr. T, der 1992 zurück in die USA ging.

Aber auch einige Rückschläge musste der junge Verein verdauen: Spieler wanderten ab, der Sportplatz an der Goethestraße sollte geschlossen werden, andere Plätze waren nicht zu bekommen. Denn ein Baseballspiel kann sehr lange dauern. Im Vorneherein ist nie zu sagen, wie lange genau, und das sprengt den Sportamts-Usus, Plätze im Zwei-Stunden-Takt zu vergeben.

Aus der Patsche half der TuS Lichterfelde. Mit offenen Armen nahm der Großverein die Wizards 1996 auf. TuSLi erreichte, dass der Platz an der Goethestraße im Sommer doch weiterhin genutzt werden konnte und die Wizards im Winter Hallenzeiten bekamen.

Baseball in der Halle? Tatsächlich gibt es genügend Möglichkeiten, die kalte Jahreszeit sinnvoll zu nutzen. Beim Schlagtraining behelfen sich die Baseballer mit Korken: Die winzigen «Ersatzbälle» schonen die Turnhallen und schulen nebenbei hervorragend das Auge.

Trotzdem: Mit Keule und Handschuh wird in der Halle eher selten gearbeitet. Im Vordergrund steht Schnellkraft- und Ausdauertraining. Ein hartes Programm, das die 36 männlichen und weiblichen Mitglieder - es wird gemischt gespielt - absolvieren. Die verschiedenen Positionen fordern unterschiedliche Qualitäten, eine Wissenschaft für sich.

Kein Geheimnis ist aber, dass die Wizards bei allem «Spaß» in der Halle sehnsüchtig den Frühling erwarten: Dann können sie draußen wieder «richtig» Baseball zaubern.

   

 

© Berliner Morgenpost 1999

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